"Auf der Höhe einer Pyramide, wie sie unser Gesellschaftsbau darstellt, merkt man früher den herannahenden Sturm als im Gedränge und Gewühle unten am Fuße."
(August Bebel, Glossen zu Yves Guyot's und Sigismund Lacroix's "Die wahre Gestalt des Christentums", im Vorwort der 2. Auflage, 1887; S. VIII)


Wenn das Oberhaupt im Nationalsozialismus für ein christliches Weltbild interveniert, stellt sich die Frage nach dem Verhältnis des Klerus zum Nazi-Staat. Möglich ist, er wäre:
  • Gegner
  • Getäuschter
  • Vereinnahmter
  • Befürworter
  • Teilnehmer
  • Strippenzieher


Vorbemerkungen zur Zitierweise:
Anpassungen tendenziell bei
  • Buchstabengröße am Anfang
  • Obsoletem (ß -> ss, th -> t, Dativ-e-Ergänzung weg, Wort-Trennstriche raus etc.)
  • Zeilenumbrüchen (ggf. ignoriert)
  • Druckfehlern
Keine Anpassung bei
  • Zeichensetzung
  • Wortgebrauch (Kasusform, Pronomen, Stellung im Satz etc. beibehalten)
Sinnerhaltende Freiheiten bei
  • '..' über Satzenden
Zitate sind i.d.R. auf einen Aussagenteil konzentriert.
Fußnoten-Angaben sind ggf. verknappt.
Der Verweis [i]-n meint Seite n des Druckwerks in Fußnote i.
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Wie das ursprüngliche Wesen und die Werbung des Christentums für Gegnerschaft sprechen, so widersprechen ihr die unentbehrliche Beihilfe[1] zur Gewaltherrschaft[2] und Vereinbarungen auf internationaler Vertragsebene.
[1]: z.B. Prälat Kaas, Zentrumsvorsitzender, 23.3.1933 (9:45): "Die deutsche Zentrumspartei setzt sich .. bewusst .. über alle .. Bedenken hinweg."
[2]: z.B. Göring, 3.3.1933 (0:59): "vernichten und aus..rotten, weiter nichts!"

Täuschung widerspricht geistliche Intelligenz, ihr Überblick, Organisationsniveau und besonderer Informationszugang.

Vereinnehmbarkeit steigt mit Werte-Nähe wie gemeinsamen Feindbildern (Marxisten, Demokraten, Freimaurer, Unbekehrbare), darüber Hinausreichendes mit Begehr der Resultate wie ein unangefochten christliches Osteuropa.


Wo nun befinden sich Rom und Klerikale im wirkungsvollsten Anliegen des 3. Reichs? Hinweise zur Antwort gebe eine spektrale Retrospektive bis in die Zeiten des 9. Pius einvernehmlich seiner mahnenden Weitsicht: "Diligite veritatem, filiam Dei - Liebet die Wahrheit, die Tochter Gottes" (Leitsatz Grazer Volksblatt 1.7.1868 - 15.12.1900). Wie es aber die Wahrheit nicht reklamiert, nach ihr zu trachten, so seien Urteile mit dem, was steht, schon wegen dem, was fehlt, zur Vorsicht empfohlen.


Bis lange nach Kriegsende sympathisiert man in Rom mit Streitern des 3. Reichs und hilft dort, wo geistliche Entlastungszeugnisse schwerlich nützten, durch sogenannte Klosterrouten strafvereitelnd bei der Flucht (s. Doku: Ernst Klee, Persilscheine u. falsche Pässe). Kein Verfahren dürfte es dafür jemals gegeben haben. Voreingenommenheit in der Jurisprudenz erfasst auch die eigene Sache, "nicht objektiv Recht zu sprechen, sondern die Feinde des Nationalsozialismus restlos zu vernichten"[1], ist keine Haltung, die entnazifizierten (?) Anhängern nennenswerte Bredouillen bereitet (s. Doku: Ralph Giordano, Der perfekte Mord). Nach dem großen Trubel heisst es vom Papst in deutscher Aussprache: "Unseren väterlichen Dank .. für .. die Ausdauer .. unter übermenschlichen Schwierigkeiten"[2] - warum auch immer.
[1]: Parrisius, "Festrede", verschieden überliefert, Original wohl nicht zugänglich
[2]: Doku 'Dr. Conrad Gröber - Freiburger Erzbischof zwischen Kreuz und Hakenkreuz' - 43'12''


Eugenio Pacelli ist Papst von 1939-58, seine Antrittsenzyklika fällt in die ersten Kriegswochen. In ihr nennt Pius xii. Christusfeinde "elend und erbärmlich" und begeistert sich für die Gegenwart, ihr "das Königsbanner Christi zu entfalten"[1]-4. Gegenüber seinem Vorgänger Pius xi., Papst ab 1922, sieht er sich "in getreuer Verwirklichung seiner Ziele"[1]-3. Im November 1939 wird der Jesuit Rupert Mayer wegen Schweigens verhaftet und bezeugt eine ansonsten fragwürdige Vertraulichkeit zu Geistlichen. Nachdem ab dem 22.6.1941 Einsatzgruppen ausrücken, die polnischen Länder nach Juden zu rastern und für ihre nackten Leiber sie ihre Gräber schaufeln zu lassen - am Jahresende liegen die Erschießungen im Sechsstelligen -, und nachdem unter dem Titel "Der Krieg Judas" konstatiert ist, "ein Zurück gibt es nicht mehr"[2], erscheint im August ein übersetzter Auszug eines Artikels von Kardinal Baudrillart. Er meine, "wie könnte ich .. nicht dem gewaltigen Kampf zustimmen, der jetzt unter der Leitung Deutschlands .. entbrannt ist ..? .. Jetzt ist die Zeit eines neuen Kreuzzuges gekommen"[3]. Den Worten des Papstes zu Weihnachten 1942 würde er nichts entgegenzusetzen haben, als dieser vor seinen Kardinälen eine "Schuld bis hin zum Gottesmord" ausspricht und die Auffassung vertritt, über "Klage" brauche man sich "nicht zu schämen".
[1]: Summi pontificatus, 10.1939
[2]: Robert Ley in: Westdeutscher Beobachter, 14.7.1941
[3]: Westdeutscher Beobachter, Drahtbericht v. 8.8.1941 (zeitnahe Zeitungsausgabe)


1937 wendet sich Pius xi. gegen das 3. Reich und erlässt das Rundschreiben 'Mit brennender Sorge'. In der Folge flachen dezidierte Anschuldigungen des Staates von Missbrauchsfällen in der Kirche ab - ein Ausdruck der Kräfteverhältnisse? Geistlicher Widerstand bleibt so ungeeignet, Gegenteiliges zu relativieren, wie Lebensrettung keinen Mord mildert. Als im Reich die Synagogen brennen, im deutschen Gebiet zumeist, im österreichischen vollauf an Luthers 450. Geburtstag, und das Unrecht zum Himmel schreit, bleibt das Echo der Kirche aus - ein Segen für jene, die andernfalls einer Ausreise widerstanden hätten. Mit Beginn des Krieges, der für Hitler exakt 5 2/3 Jahre dauern wird, leistet er eine Unterschrift gegen das Leben Behinderter (s. Doku: Ernst Klee, Alles Kranke ist Last), die heute auf eventuell selbem Dokument in Variationen publik ist. Eine erscheint als 'Runen-S Hitler' und könnte auf eine Lesart der SS als Sancti, Heilige, hinweisen - ein Ausdruck des Aufbegehrens, des Unterordnens?


In den späten 20er Jahren zeigt sich der Leib bzw. die Braut Christi, wie die Kirche genannt wird oder worden ist, auffallend engagiert für eine Angelegenheit namens "Katholische Aktion". Für den Papst sei sie "die Geliebte seines Herzens"[1]-52. Der deutsche Nuntius Pacelli erklärt 1928 auf dem Magdeburger Katholikentag, "die Katholische Aktion will die apostolische Tätigkeit der Laien jener der Priester angliedern und .. zu einer machtvollen Phalanx .. in der Hand der Bischöfe und des Stellvertreters .. machen. .. Was die Katholische Aktion vor allem .. will, .. ist .. einheitliches .. Denken, Wollen und Wirken." Hierfür möchte er besonders diejenigen "mit Bildung und Stellung"[2]-6 angesprochen wissen. Jürgensmeier kommt sie als "Bewusstwerdung der schöpferischen Lebenskraft .. der Kirche"[3] zu poetisieren. Für Papen, seinerseits Zentrumsvertreter, Preußenschläger, Hitlers Vizekanzler und ein Verbindungsmann nach Rom, ist sie "eine Schlachtreihe, um die Kämpfe der Gegenwart .. zu bestehen"[4]-14, Domkapitular Prof. Lenhart spricht von einer "blutnotwendigen"[4]-58. Kardinal Boggiani ahnt instruktiv voraus, dass ohne der Kirche "aufrichtig ergeben" zu sein, "die Kraft fehlen" wird, "um mit Ausdauer .. Widerwärtigkeiten .. zu ertragen"[1]-53f, und der Jesuit Friedrich Muckermann stellt für sich und die Seinen klar, "wir sind bereit für dieses Reichsbanner zu sterben"[2]-31. "Die Gesinnung des übernatürlichen Optimismus"[2]-8 sei ihr Pacellis erkorenes Markenzeichen, "Ausbreitung des Reiches Christi .. das letzte hohe Ziel"[2]-7.
[1]: Katholisches Jahrbuch 1928/29
[2]: Friedrich Muckermann, Katholische Aktion
[3]: Jürgensmeier, Die dogmatische Grundlage der Katholischen Aktion, S. 11
[4]: Laien an die Front!


1925 ist ein erlauchtes Jahr für Rompilger. In einer Ausstellung erhalten sie Einblicke in die Ideenwelt des Papstes. Ein Augenzeuge erinnert sich: "Wie viele der deutschen Rompilger - und bei den andern Völkern wird es nicht anders gewesen sein - haben auch nur entfernt eine Ahnung gehabt von dem Riesenausmaß katholischer Missionsarbeit, wie es ihnen bei dem Gang durch jene Ausstellung so überwältigend vor Augen trat! Eindringlicher konnte der Appell .. zu tatkräftiger Unterstützung .. nicht erhoben werden."[1] Am 11.12., einem Datum mit 2 Papstnummern, zu dem Hitler 3 Jahre später diskret herüberwinkt, gibt Pius xi. die Ergänzung einer weltweit (vgl. [2]-29) jährlich abzuhaltenden Weihe an Jesu Herzen bekannt. Bis Johannes xxiii. sie 1959 rückgängig macht, heisst es in ihr: "Blicke endlich voll Erbarmen auf die Kinder des Volkes, das ehedem das auserwählte war. Möge das Blut, das einst auf sie herabgerufen wurde, als Bad der Erlösung und des Lebens auch über sie fließen."[2]-41 Maritain berichtet, dass "die Nr. 13 der Acta Apostolicae Sedis vom 5. November 1925 einen Brief" mit dem päpstlichen Änderungsauftrag enthält. Anschließend ermahnt er zu bedenken, nicht "die Pforten des Himmelreiches vor jenen zu schließen, .. "in quibus dolus non est"", in denen kein Betrug ist. Das soll aber "der Gerechtigkeit gegen die anderen keinen Eintrag tun"[3]. 16 Jahre später wird sich das RSHA, Ressort SD, auf die Schulter klopfen, knapp 2/3 der deutschen Juden zur Ausreise verholfen zu haben, sogar "verproletarisierten"[4]. Mit den Ergänzungen als Tatsache ist es eine Empfehlung unter Geistlichen, sich der Zukunft mit einem Vers anzunähern: "Neutral nur ist, wer dumm und bang. Hoch Christus! sei mein Feldgesang!"[5]-5 In der Broschüre heisst es außerdem, "keine Kundgebung Pius XI. verläuft seit Dezember 1925, wo sein Mund nicht jedesmal betont: Jesus rex!"[5]-4f - "Unsere Aufgabe wird nun sein, den Plan des Heiligen Vaters zu verwirklichen" - denn "warum sollte es nur ein Traum .. sein, dass die neue und schönere katholische Welt erst jetzt im Werden begriffen ist? .. Der moderne Zeitgeist muss sich mit der Wahrheit versöhnen."[5]-7
[1]: Franz Meffert in: Katholisches Jahrbuch 1928/29, S. 18
[2]: Pius XI./Meurers, Quas primas - 1925: 23. ordentliches Heiliges Jahr
[3]: 'Schönere Zukunft!', 4.4.1926, S. 662 - Die Judenfrage
[4]: Protokoll der Wansee-Konferenz, S. 4
[5]: Karl Faustmann, Christkönigsfest - Winke für die Feier des Tages
 
 
Nach dem 1. Weltkrieg begeistern Katholikentage gegen Neuerungen der Zeit und für eigennützige Pläne. Kardinal Piffl erklärt sich und die Seinen in Wien "bereit .., den Kampf aufzunehmen (stürmischer, nicht endenwollender Jubel)"[1]-95. Man erwartet auf der Tagung, "dass die Jugendorganisation ihre große Aufgabe lösen wird"[1]-56, und richtet an die Studenten, "die große Rettungstat an eurem Volke zu vollführen. Gebe Gott, dass sie gelinge!"[1]-39 Abgeordneter Dr. Seipel stellt heraus, "die Flamme des Kampfgeistes .. muss .. hineinschlagen in unsere gesetzgebenden Körperschaften"[1]-16f, und Kurienvertreter Ogno-Serra berichtet, "der Heilige Vater betet für Sie, in der Gnade Gottes auszuharren bis zu einem glücklichen und siegreichen Erfolge"[1]-11. Ein Jahr später klingen starke Worte in Paderborn, im Grußwort sind "große Anstrengungen", "eine große Sache", "die gewaltige Aufgabe" artikuliert. "Die Reden werden nicht gehalten zum Hören, sondern zum Vollbringen"[2]. In Scheinfeld ist Pater Ruthig überzeugt, "wir Katholiken bereiten die große Weltoffensive vor"[3]. Dichtkunst kommt aus Bamberg: "Und sinkt auch die Erde in Sumpf und Nacht - Hell leuchte für uns in Wunderpracht Durch Neid und Graus, durch Leid und Weh Die ewig strahlende Gottesidee!"[4] - sowie 1922 aus Gelsenkirchen: "All an Bord, Ihr wack'ren Mannen! Nehmt das Kreuz zum heil'gen Krieg! Was die Feinde Arges sannen, - Unser, unser ist der Sieg!"[5]
[1]: Bericht über den ersten Katholikentag der Erzdiözese Wien, 24. und 25.3.1920
[2]: Fest-Blatt zum Ersten Diözesan-Katholikentag zu Paderborn, S. 1
[3]: Katholikentag Scheinfeld 17. Juli 1921, S. 4
[4]: Festschrift zum Katholikentag in Bamberg 25. September 1921, S. 2
[5]: 2. Diözesan- und 3. Märkischer Katholikentag, S. 8


Im Herbst 1918 nimmt der Unmut gegen den Verlauf des 1. Weltkriegs revolutionäre Dimensionen an. Große Bevölkerungskreise drängen neben einer Waffenruhe auch auf politische Reformen. Die Kaiser der Mittelmächte, Instanzen über Krieg und Frieden, Initiatoren der Misere, sollen weichen, Gottes Gnaden der Völker Gunst zukommen. An die Spitze dieser Bewegung geraten in Deutschland "überspannte Literaten", vornan der Jude Kurt Eisner. Kürzlich der politischen Haft entlassen, wo seine wackere Mitstreiterin für den Frieden im Frühjahr ihr Leben ließ, erklärt er in den Abendstunden des 7.11. das bayerische Wittelsbach für abgesetzt. Am folgenden Morgen lanciert die Germania, das faktische Organ des katholischen Zentrums, einen Artikel über judenbetriebene Politik in Russland. Schlüsselfiguren werden mit ihren "wahren" Namen bezeichnet - Lenin etwa heisse Zederblom -, und es wird gegen das dieserart regierte Russland nonchalant eine Verschwörung bestätigt: "Sehr richtig wird .. bemerkt, dass die Haltung Hollands ein Anzeichen einer allgemeinen Verschwörung der Entente gegen den Bolschewismus sei". Der Autor ist ungenannt und schreibt in der 1. Person Plural. Während sich die christlichen Volksparteien mit der Zeit vom wohlgepflegten Antisemitismus entfernen, geht das Konzept des jüdischen Bolschewismus als zugkräftiges Agitationsmittel in der NSDAP auf, im Ausland findet es Verbreitung z.B. durch Äußerungen von Winston Churchill. Zwar relativieren dieses Konstrukt Mitmenschen wie Bulaschow, doch bleiben eingefahrene Vorurteile bestehen. Zweck und Stolz kassieren die Wahrheit, hier und anderswo. Mit dem Überfall auf Polen beginnen vergeblich gerügte Übergriffe der Himmlerscharen an Weltbildfeinden. Nach Osten fliehende Juden werden laut einer Meldung der New York Times vom 6.11.1939 an der Grenze abgewiesen. Wo die Protokolle der Weisen von Zion ihren Anfang nahmen, liegt effektiv kein Saboteur im Genozid. Nach dem Krieg wandelt sich die These des jüdisch vereinnahmten Russlands irgendwie ins Absurde, ohne evident verfestigte Anhaltspunkte im historischen Verlauf. 1962 hält ein Konsortium Geistlicher alias Maurice Pinay sie noch aufrecht - mit Stalin, einst der Priesterlaufbahn angetan.


Vor dem 1. Weltkrieg führen Spuren exzessiven Judenhasses nach Österreich, der "Schutzmacht der Christenheit"[1]-57. "Das große Bollwerk .. für die .. Kirche ist Wien", hier werde "der Entscheidungskampf zwischen .. Christentum und Heidentum gekämpft"[2]. 34 Jahre vor den ersten (?) Judendeportationen am 20.10.1939 manifestiert sich dieser Gedanke in selber Stadt auf dem 5. Allgemeinen österreichischen Katholikentag, ein Piusverein erwacht. "P. Kolb erstattete unter großem .. am Schlusse sich immer wieder erneuernden Beifall sein Referat"[3]-6, "die Begeisterung .. machte sich .. in wahren Applaussalven Luft"[3]-18. In der Rede wird vor "Fremdlingen" gewarnt, vor einer "Fremdherrschaft eines .. Elements .., das euch aussaugt, bis ihr als geistige und materielle Bettler von Haus und Hof vertrieben werdet", und aufgerufen, "macht euch los von jenem Tiere mit sieben Köpfen und zehn Hörnern", "erhebet euch mit Christenmut .. zum Kampfe"[1]-21. Der Tagung folgt der Slogan, "Katholiken auf, befreit euch von dem Gift der Lügenpresse!"[1]-64 Im Anschluss wird aus Russland berichtet von "blutigen Ausschreitungen, bei denen die Juden entsetzlich misshandelt wurden", und es heisst weiter: "Niemand anders, als sie selbst sind schuld daran, dass es so weit gekommen ist. Alles ist die Folge ihres herausfordernden Benehmens gegen Andersdenkende."[4]
[1]: Kolb, Gesammelte Pressereden
[2]: Reichspost, 23.4.1901, S. 6 (Variante: Das Vaterland, 22.4.1901, S. 1)
[3]: Reichspost, 21.11.1905
[4]: Deutsches Volksblatt, 21.11.1905, S. 3

Das Vereinstreiben in und um Wien bleibt Pius x. nicht verborgen. 10 Tage noch vor der konstituierenden Sitzung des Piusvereins, die Pater Kolb ein Foto des Papstes mit eigenhändiger Segnung und Unterschrift eröffnet, gibt er den Versammelten seine Haltung bekannt: Von seinen Bischöfen verlangt er sehnlich, "dem Werke weise .. Führer" zu sein, und es ist ihm so offenbar, "dass die .. hervorragenden Gläubigen es sich zur Ehre und Pflicht anrechnen, einen so ausgezeichneten Verein zu unterstützen"[1] - "Ehre und Pflicht - Ehre und Pflicht - Ehre und Pflicht"[2]-33 -, wie er findet, "das ganze katholische Österreich .. muss .. nun ganz mit außerordentlichem Verlangen Rettung suchen beim Piusverein". Alle erhalten "die schwere Verpflichtung" zur möglichsten Unterstützung. Abschließend erteilt er ihm und allen, "welche denselben durch .. Tat oder .. Wohlwollen fördern .., .. liebevollst .. den apostolischen Segen"[1]. "Das erste Auftreten des Piusvereines vor der großen Öffentlichkeit"[2]-3 ist für seinen Schöpfer ein Augenblick, die Worte von höchster Stelle eindringlich aufzugreifen, bevor Weihbischof Marschall "der knieenden Versammlung den päpstlichen Segen"[2]-36 vermittelt: "Eine mächtigere, ausschlaggebendere Empfehlung .. ist nicht möglich; ihr gegenüber müssen alle Einwände .. verstummen. Wer noch die Stimme des obersten Hirten .. ehrt .., dem ist der Weg, das Mittel vorgezeichnet. .. Die Not ist am äußersten .. Der Heilige Vater ermahnt, .. das große Werk zu unternehmen", den Verein "zum Sieg zu führen"[2]-32ff.
[1]: Erste Vereinsgabe 1906, S. 26-29 - Das Vaterland, 12.02.1906, S. 1
[2]: Zweite Vereinsgabe 1906

Zur höchsten Priorität von Anfang an hat sich der Piusverein "den äußersten Kampf .. als Pflicht"[1]-22 auferlegt. Sein Gegner ist eine polymorphe Presse, sein Ziel eine Vollbringung für die Lebensverhältnisse Nachgeborener. Patroniert von Pius v. wirkt Vereinskoryphäe Viktor Kolb in unheilvoller Angelegenheit, chronologische Exzerpte seiner Initiativen: "Jetzt oder nie! .. Mit vereinter Kräfte Walten .. wird das Schwerste leicht vollbracht."[2] - "Wir schreien schon lange: "Kauft nicht bei Juden!""[3] - "Es sind moralisch kranke Individuen, deren Gifthauch euch tötet, euch elend macht! Diesen Ruf lässt der Piusverein ins ganze Reich, in jedes Dorf, an aller Ohren ergehen."[4] - "Der Piusverein blüht auf, er wächst. O, ruft den Segen Gottes .. darauf nieder, dass er seinen Siegeslauf vollende. .. Dann gedenken einst .. dankbare Enkelkinder ihrer längst entschlafenen Väter, .. deren eifervollem Beten, Ringen und Siegen sie nächst Gott .. alle Segnungen des Glaubens danken."[1]-64 - "Kaiserliche Hoheit! .. Wir jagen dem Abgrund zu mit fieberhafter Eile. Jetzt oder nie! muss die Losung sein. .. Es gilt, .. den Mangel an Opfersinn bei Allen endlich zu überwinden. .. Es gilt den entscheidenden Kampf in letzter Stunde."[1]-27ff - "Die Völkerbefreiung .. muss .. ins Werk gesetzt werden .., ehe unser Volk .. zu jeder großen Tat ohnmächtig wird. .. Zuerst muss der Feind aus dem Land gejagt werden .. Korrupt und feil .. tut diese Presse das Möglichste, .. die Jugend .. physisch .. zu Grunde zu richten. .. Zum Generalsturm gegen den Erbfeind! .. Diesen Feldzug müssen alle mitmachen, die als Anhänger der guten Sache gelten wollen"[5].
[1]: Kolb, Gesammelte Pressereden
[2]: Erste Vereinsagabe 1906, S. 4
[3]: Kolb, Die Schlachthäuser von Chicago - ein Bild der österreichischen Judenpresse, S. 13
[4]: Zweite Vereinsgabe 1906, S. 47
[5]: Dritte Vereinsgabe 1907, SS. 7f, 19, 23, 30, 31

Gegen den Kontrahenten ist ein Interesse klar benannt: "Der Pius-Verein führt einen Kampf für .. die Kirche"[1]-31 - nicht ohne ihre Anteilnahme. In der hierarchischen Vereinsstruktur folgen der Wiener Zentrale meist Diözesanbeiräte genannte Landeszentralen, sie werden "vom Diözesanbischof und von der Zentrale .. gewählt"[1]-48. Unter den Beiräten stehen die Ortsgruppen - um die 1000 bis Kriegsbeginn -, typischerweise jede mit einem Seelsorger im Vorstand, von dem "gewöhnlich .. die Korrespondenz besorgt"[1]-23 wird, die interne Kommunikation. Den Ortsgruppen obliegt die Aufgabe, systematisch mit der Bevölkerung in Kontakt zu treten, jeden für den Verein zu werben, seine Presse-Gewohnheiten zu ermitteln und ggf. auszureden. Wer Zweifel über den Wert einer Zeitung hat, "soll .. den Seelsorger fragen"[1]-35. An Mitglieder gehen "Pius-Vereins-Mitteilungen"[1]-22, zeitweise "150.000 .. in verschiedenen Ländern"[2]. Liegt eine neue Ausgabe bereit, werden Zulieferer "am leichtesten durch einen Anschlag an der Kirchentür"[1]-22 verständigt. Priester sind angehalten, "durch öfteres Erwähnen bei der Predigt"[1]-28 ihre Ortsgruppen zu unterstützen. Manch einer wächst über sich hinaus und wird als Presse-Apostel geehrt. Zu Viktor Kolb (S.J.), Julius Baudisch (S.J.) und Dominicus Dietrich (O. Praem.) wird sich Ortsgruppen-Obmann Kaplan Grohmann um diese Anerkennung bewerben: "Redner schloss seine markigen Ausführungen mit der Aufforderung, .. alle mögen mithelfen an dem großen Werk der Befreiung .. von der Judenherrschaft."[3] Ein grundsätzliches Hindernis ist Benno Auracher (O.C.) aufgefallen: "Wir sind .. zu wenig intolerant!"[4]
[1]: Agitatoren-Büchlein des Pius-Vereines
[2]: VII. Jahres-Bericht des Pius-Vereines, 1913, S. 5
[3]: Nordböhmisches Volksblatt, 27.11.1908, S. 3
[4]: Das Vaterland, 17.11.1907, S. 6

1911 ist rückblickend ein eher schwieriges Jahr für den Piusverein, "die bedeutsamen und traurigen Ereignisse" machen zu schaffen, "ein Abflauen"[1] der Vereinstätigkeit steht im Raum. Anfang November erhält daher (?) Vereinspräsident Walterskirchen in Angelegenheit einer kommenden Tagung Nachricht aus Rom: "Wir wünschen .., dass Ihr .. auserlesenen Rednern die Aufgabe stellt, .. die Gläubigen von den schlechten Zeitungen gleichwie von vergifteten Brunnen fernzuhalten."[2] Was folgt, nennen "viele .. die gewaltigste und herrlichste Rede"[3] von Pater Kolb. Vor den Versammelten, darunter "königliche Hoheiten"[4]-177, erfasst er den "geschworenen Todfeind" und bringt "die gänzliche Losschälung der christlichen Bevölkerung"[4]-181 auf. Der Piusverein will "den Kampf gegen die schlechte Presse zum großen Kreuzzug des ganzen Volkes machen"[4]-184, auf dass "die christliche Heimat desinfiziert werde von den zerstörenden Giftbazillen der Judenpresse"[4]-187. Die Rede verfehlt ihren Zweck nicht, und es darf festgestellt werden, "dass der Verein bedeutend gestärkt ins neue Jahr eingetreten ist"[1]. Es fühlen sich etwa Arbeiterführer Kunschak berufen, die "Giftmischerei der Judenpresse .. in anschaulichster Weise"[5] zu schildern, der Vorsitzende der Ortsgruppe Rudolfsheim zu empfehlen, "christliches Volk, .. sprich .. 'ich bin es' und die feile jüdische Presse wird zerschmettert am Boden liegen!"[6], und vorneweg P. Stefan Schnee für die "Armee des Piusvereines" zu agitieren: "Kreuzritter müssen wir sein im Piusverein! "Gott will es!" muss auch für uns gelten." Kardinal Nagl fügt bei: "Je größer das Opfer, desto größer der Lohn"[7].
[1]: Reichspost, 15.4.1912, S. 2
[2]: Das Vaterland Nr. 517, 12.11.911, S. 5
[3]: Reichspost, 17.11.1911, S. 6
[4]: Kolb, Gesammelte Pressereden
[5]: Reichspost, 2.2.1912, S. 11
[6]: Reichspost, 19.3.1912, S. 10
[7]: Reichspost, 12.1.1912, S. 20

1913 steigen Verbindlichkeiten. Der Papst "setze seine ganze Hoffnung .. auf den Piusverein", wie der "General des Servitenordens .. in öffentlicher Versammlung"[1] aus seiner Audienz in Rom verlauten lässt. Außerdem verleiht er "einen Ablass von hundert Tagen .. für jedes gute Werk .. zur Unterstützung des Piusvereines"[2]-202. Im Frühjahr 1914 ermuntert Kolb seine Zuhörer, es "hat .. Pius X. .. dem Kreuzheere, den Mitgliedern des Piusvereines, die reichsten Schätze geistlicher Gnaden eröffnet"[2]-200. Über Abgeordnete, die 1911 noch Anlass zum Missmut gegeben, weil fast alle "kein Wort für die christliche Presse"[2]-184 gesprochen haben, urteilt er inzwischen zufrieden, womöglich süffisant. "Dass bei diesen Gelegenheiten des Piusvereines keine Erwähnung geschieht, .. wollen wir, wenn nicht ihrer Feigheit, so ihrer Menschenfurcht zugute halten."[2]-200 Zum Jahr des Weltkriegs, dessen kaiserliche Approbation ein putativer "Überfall serbischer Banden auf bosnisches Gebiet"[3] verleitet, lässt der Jesuitenkalender einen Aufruf "zum heiligen Kampfe für die katholische Presse!"[4] erscheinen. Mit den ersten Kampfhandlungen entsteht das k. u. k. Kriegspressequartier, wo 1917 unter Leitung von Wilhelm Eisner Buba, 9 Jahre vor seinem artifiziellen Exitus, ein Artikel aus "dem für die breite Öffentlichkeit bestimmten, in französischer Sprache erscheinenden .. Regierungsorgan "La Serbie""[5], "Organ der serbischen Propaganda in der Schweiz"[6], übersetzt ist. Lenin alias Zederblum und Konsorten "verbergen so gut als möglich .. ihre jüdische Abstammung". Anderen Juden gegenüber seien sie überzeugte Antisemiten, die "am liebsten Pogrome veranstalten möchten"[7]. Nach dem Krieg kommt es tatsächlich im ehemaligen Russland zu Pogromen, die neu entdeckte Unabhängigkeit büßen Juden in fünftstelliger Anzahl mit dem Leben - Ukrainer wird bald Treblinka rekrutieren... Der Piusverein geht 1919 im Volksbund der Katholiken Österreichs auf, sein Gedankengut bildet sich fort. P. Kolb findet in Graz ein neues Zuhause, wo am 5.10., einem Datum mit 2 Papstnummern, eine Titelstory wie aus seiner Feder erscheint. Neben Cederblum, Weltpest, Judenseuche, judenreine Grundlage und Weltkrankheit heisst es in ihr: "Das Germanentum .. ist die .. Macht, .. die .. den Erzfeind der Menschheit in Banden schlagen wird"[8]. Prophetie oder Postulat? Ob sich ein Antisemit wie Hitler entgangen lassen haben kann, Mitglied und Schüler des Piusvereins gewesen zu sein? Rund 23 Jahre ist er alt, da erfreut den Verein "eine junge tüchtige Kraft als "Generalsekretär" speziell zur Pflege und Förderung der Agitation"[9].
[1]: D. Dietrich, Terziar und Presse, S. 128
[2]: Kolb, Gesammelte Pressereden (Auf S. 200 steht 'Menschenfrucht', aber was sollte das meinen? Abweichungen in den Reden gegenüber anderen Publikationen kommen vor.)
[3]: Hermann Wendel in: Volksstimme, Organ der Sozialdemokratie für Südwestdeutschland, 4.7.1925, 2. Beilage, S. 1 ('putativ' sinngemäß)
[4]: Jesuiten-Kalender für das Jubeljahr 1914, S. 168
[5]: Auszug aus der Tagespresse, 3.10.1917 - Inland, S. 5
[6]: Auszug aus der Tagespresse, 25.4.1917, S. 7
[7]: Auszug aus der Tagespresse, 19.8.1917 - Ausland, S. 13
[8]: Neues Grazer Tagblatt, 5.10.1920, S. 2
[9]: VII. Jahres-Bericht des Pius-Vereines, 1913, S. 4


"Dir hatte Er die schwerste Aufgabe zugedacht, die katholische Bewegung in kräftigen Fluss zu bringen; Du hast sie gelöst"[1], gedenkt Ebenhoch Bischof Rudigier. In Deutschland konstituieren sich 1885/6 antisemitische Organ und Verein, letzterer schließt via DSP, DvP, DNVP zur NSDAP auf. 1887 ist das 50. Jahr im Priesterstand für Leo xiii., mit zahlreichen Aufwartungen. Der "Gefangene im Vatikan" erlebt "die ganze katholische Christenheit .. überaus eifersüchtig auf die Freiheit ihres Oberhauptes", und es erweckt ihm den Eindruck, als gäbe es ohne seine "Souveränität .. keinen .. Frieden"[2]-2. Pflichtbewusst zieht es ihn zur "Aussöhnung mit dem Papsttum", "welche Ereignisse auch immer daraus erfolgen"[2]-3. In Wien kursiert der ulkige Vers, "D'reinhauen nur auf Judenschädel Erscheint dem Arier als edel"[3], von hier wird dem Papst zum Jahresende der "Gehorsam seiner Kinder, die Alles zu opfern bereit sind", versichert, auch wenn man wisse, es "ist Alles .. nur die Saat! Die Frucht wird erst reifen"[4] - halt "wenn die Zeit zur Ausführung .. gekommen ist"[5]. Prof. Kraus erläutert in seiner Festrede auf den Gefeierten, dass nicht ihm die "allgemeine Freude .. gilt" sondern "einer weltgeschichtlichen .. Tatsache", dem "Werk seines Lebens .., welches er in seiner Hand tragen wird, wenn er einst vor dem Thron des Richters erscheint"[6]-9, und er sehnt die Zeit herbei, "wenn es .. möglich sein wird, .. all das zu erzählen, was nicht auf der allen Zuschauern sichtbaren Bühne, sondern versteckt durch jene Coulissen sich abspielte, hinter denen die eigentliche Geschichte des preußischen Kulturkampfes sich bewegt hat"[6]-12. Sie wird fundieren können, warum ein Gegenspieler wie Bismarck mit Ehren rarer als Heiligsprechungen ausgezeichnet ist. Am "31. Dec., dem eigentlichen Jubeltag", wird ausgiebig gefeiert, es gibt "abends .. Pöllerknall und .. Glocken"[7], in Innsbruck nach Mitternacht außerdem einen tödlichen Unfall, der die örtliche "Papstfeier .. vereitelt"[8]. Doch "was die Glocken gerufen und die Feuer bedeutet, es soll fortleben und fortwirken von Generation zu Generation"[9]. Um den 11.9. des neuen Jahres lädt Kardinal Sarto zu einer Diözesansynode, 2 der Schwerpunkte: "Verderblichkeit der Presse" und "Judenfrage"[10].
[1]: Ebenhoch, Franz Joseph Rudigier Bischof von Linz, S. 56
[2]: Das Vaterland, 28.7.1887
[3]: Wiener Caricaturen, 4.9.1887, S. 3 - Arisches Turnerlied
[4]: Graf Pergen in: Das Vaterland, 9.12.1887, S. 1
[5]: Leo xiii. in: Das Vaterland, 1.12.1887, S. 1
[6]: Kraus, Rede (26.12.1887)
[7]: Linzer Volksblatt, 1.1.1888, S. 2
[8]: Innsbrucker Nachrichten, 5.1.1888, S. 5
[9]: Ebenhoch in: Linzer Volksblatt, 15.1.1888, S. 2
[10]: Sentzer, Pius X., S. 67 - Synode vom 10.-12.9.1888

Seitenwechsel - Moritz Hirsch ist ein jüdischer Baron und Bankier mit gutem Geschäftssinn. Beim Bau des Orient-Expresses Ost, dessen finanzielle Leitung er übernahm, hat er sich mit seinen Erfolgen einen Namen gemacht. Der Pferdefreund lebt eine hohe Kultur und hat ein Faible für Schlossanlagen, die Jagd gehört zu seinen Hobbies und Malheuren. Sorge bereitet ihm sein einziger Sohn, für den er sich als kecker Kuppler versucht. Aber Lucien verstirbt, ein großer Verlust für seine Eltern, sie tragen ein Leben lang Trauerkleidung. Der zuweilen philanthropisch wirkende Baron wendet sich nun ganz den Menschen zu. Er möchte den Juden in Osteuropa unter die Arme greifen und bespricht sich mit Adolph Jellinek über eine "galizische Stiftung". Die "..Hirsch-Stiftung" präsentiert er zum Kaiserjubiläum, doch in näherer Zukunft, wo es dem Kronprinzen Rudolf, sein kürzlicher Dejeuner-Nachbar und erklärter Gegner des Antisemitismus, den Atem verschlägt, gerät sie ins Stocken. Dem Baron, in Verwirklichung seiner Ziele "tief bewegt und aufgeregt", verschließt sich bald der Sinn, in die Lehre seiner Mitgläubigen zu investieren, er orientiert sich neu, Richtung Landkauf in Amerika. Um die Zeit einer feudalen Dichte gelingt ihm die Bewirtung einiger illustrer Gäste, darunter Herzöge, Prinz und Earl, Lords und Lady Churchill. Der Prince of Wales wohnt den Gesprächen für eine Woche bei, später ist ihm eine viel gerügte Taktlosigkeit in der "Angelegenheit .. Hirsch" nachgesagt. Der Baron steckt sie weg und verfolgt seine Vision mit unerschrockener Hartnäckigkeit. 500.000 Juden, eine Zahl, die auf das 7fache ansteigen wird, möchte er aus Russland verbringen, in solcher Dringlichkeit, dass er "all sein Geld" einzusetzen überlegt. Der englische Thronprinz sei auf der Seite "zu Gunsten der russischen Juden" positioniert und empfängt den weitsichtigen Investor zu "wiederholten Besprechungen .. über die Judenfrage". Am 11.9.1891 wird in London die JCA, Jewish Colonization Association, gegründet, der Hauptaktionär findet für 10 ihrer Anteile solche "Männer, welche die erforderliche Gewissenhaftigkeit und gleichzeitig die geistigen Fähigkeiten besitzen, mit einer so komplizierten schwierigen Aufgabe fertig zu werden". Den Betroffenen öffnet er mit den Worten, "ich kenne die Gründe, welche viele von Euch zur Auswanderung zwingen", eine düstere Ahnung in seine Motivation. Seine Anstrengungen begleitet eine verworren kontroverse Presse, selbst unter den Siedlern finden sich Saboteure seiner Pläne, die mit den Maßgaben des Lebenshaltungsanspruchs in Konflikt geraten. Unter dem Vorwurf, auf fremde Kosten "von den reichen Mitteln" zu leben, bevorzugen sie, in ihre Heimat zurückzukehren, trotzdem sich die Stimmung kundtut, dass ihresgleichen das "Atmen im Land absolut unmöglich" werden solle. "Falschen Gerüchten" begegnet die JCA kämpferisch, dass "viele Unzufriedene und ihre bösen Freunde den Plan .. verderben .. wird ihnen nicht gelingen". Doch es bleibt der ganze Transfer hinter seinen bekundeten Erwartungen zurück. Tücken lauern nicht nur in Missernten, Krankheit und Abwanderung, auch "die Behörden und das Publikum beobachten das Unternehmen mit dem größten Interesse", wie der englische Vize-Konsul die Lage vor Ort beschreibt. Kurzum, der "Fürst der Menschenliebe" wird sich für sein kolossales Treiben verausgaben. Dass er nicht lassen kann, die Siedler in Geschäftsstrukturen zu binden, ist dem Eingeständnis geschuldet, "viel zu arm" zu sein, um seinen Plan "vollends zur Ausführung bringen zu können". 1896 wird er sich dem Fokus der Öffentlichkeit entziehen, seine Frau Erbin 3 Jahre später. Rund 3 Millionen "Jiden" werden bis zum politischen Strukturwandel hauptsächlich Russland verlassen, um 200.000 in Argentinien leben können, nicht wesentlich in den Kolonien. Sie werden zumeist die US-Statistik heben, unauffällig erst ab 1960.
Quellen: Bulletin des Leo-Baeck-Instituts; ANNO Online-Datenbank der ÖNB; Compact Memory Online-Datenbank der Universität Frankfurt.

Mancher trennt zwischen "beschnittenen Semiten" und "getauften Ariern"[1], ein anderer ergänzt, "es können ebensowenig alle Juden als Semiten betrachtet werden, wie alle Christen das Recht haben sich Arier zu nennen"[2]. Spätere Piusvereins-Notabilitäten treffen sich 1893 im Verein "christliche Presse"[3]-2, es geht gegen die jüdische. "Bekämpfung dieser Presse sei eine Hauptaufgabe", "zahlreiche ähnliche Versammlungen"[3]-3 sind geplant. Während Kardinal Sarto den Gehorsam seines Sprengels prüft, indem er "Bicyclefahren, als mit dem Ernst der geistlichen Stellung unvereinbar, untersagt"[4], findet man in Wien zum 1. niederösterreichischen Katholikentag. Dr. Gessmann empfängt "eine geradezu großartige Ovation .. aus Anlass seines mannhaften Eintretens .. gegenüber der bestochenen* feilen Judenpresse"[5]-3, Baron Vittinghoff-Schell erwartet, dass jeder "seine Seele stähle für weitere Kämpfe", und bekundet im Namen der Versammelten "volle Ergebenheit, Treue und Unterwerfung gegen den heiligen römischen Stuhl"[5]-2, Pater Freund ist überzeugt, "Dominus pugnabit pro nobis" - "der Herr wird für und mit uns kämpfen"[5]-5 -, und Prinz Liechtenstein will "den Missbräuchen der leitenden Kaste und Rasse ein Ende .. machen", wofür er die kommende reifende Wirksamkeit buchstabiert: "Die Zukunft wird es lehren, ob die Erfolge der Diplomatie jene der Agitation überflügeln. .. Ich meinesteils bin der Ansicht, dass nur die rücksichtslose unaufhörliche Agitation .. die gute Sache vorwärts bringen kann."[5]-6
[1]: Freies Blatt, 14.5.1893, S. 10
[2]: Freies Blatt, 25.6.1893, S. 12
[3]: Reichspost, 12.12.1893
[4]: Pester Lloyd, 1.11.1894, S. 5
*: ?
[5]: Reichspost, 14.11.1894

"Die moralischen Vorschriften des Evangeliums, das allein der Papst oder die Kirche zu erklären hat, .. sind für alle Menschen ohne Ausnahme verpflichtend"[1], ordnet Kardinal Sarto seine Vorstellungen von Kirche und Staat. "Anrufung der göttlichen Huld für das kommende Jahrhundert"[2] nenne er ein "Weihe-Gebet .., welches Papst Leo für den 11. Juni der ganzen Welt .. vorgeschrieben hat"[3]. Es sei "Schlussakt einer großartigen Entwicklung"[4]-2 wie "Zukunftsprogramm .. für die nächsten Kämpfe"[4]-1 und führe "zum Offensivkampf .. das moderne Labarum" im "Herz .. mit dem Kreuz. In hoc signo vinces!"[5] Das Gebet beklagt profane Übel der Zeit und ruft die ganze Menschheit auf, zu Christi Herzen zu finden. Gewisse Missfällige warnt es sich zu besinnen, wollten sie nicht dem Zwang unterliegen zu verhungern ("ne .. fame pereant"[6], "damit sie nicht vor .. Hunger zu Grunde gehen"[7]-80). Kriminelles Betragen kommt fern(er) in Wien zu höchstem Rang, Joseph Deckert, verurteilter Ritualmorderfinder und konfiskationskritischer Hetzautor, erhält die Salvatormedaille in Gold. Im 1900er "Jubeljahr können von den Priestern auch die sonst den Bischöfen und dem Papst vorbehaltenen Sünden nachgelassen werden"[7]-15, früh ruft es zu, "frommer Eifer für Gott ist keineswegs Grausamkeit"[8], "Gottes Fluch über die ungehorsamen Juden"[9]. Im Stephansdom erschalle "das Wort Gottes .. mit heiliger Begeisterung verkündet", dort zünde "das Feuersignal .. für den ganzen christlichen Erdkreis"[10]. Viktor Kolb zelebriert an diesem Ort "ungemein eindrucksvoll"[11] seine 2. Mission, was "eine durchaus heilige, eminent geistliche, göttlich ernste Veranstaltung"[12] bedeutet und seinem Publikum den Aufruf umfasst, "unerschüttert" zu sein, "auch von Blutvergießen"[10]. Einst hieß es von dem Jesuiten, "der Jude ist gleich so nach dem Ebenbild Gottes geschaffen .. wie der Christ, wie alle Menschen"[13], seine letzten 12 Jahre wird er mit neuralgischer Störung verbringen, "ihn oft am Essen und Sprechen"[14] hindernd. Der österreichische Episkopat verständigt sich noch auf die Erklärung, "der öffentliche Friede .. hängt von der .. Befolgung der .. Lehren und Ratschläge des Heiligen Vaters ab"[15], sowie es konstatiert ist, "seit Jahrhunderten hat das Papsttum keine größere Autorität besessen"[16], dann braucht es eine neue Führungskraft.
[1]: A. Hoch, Kirche und Zeitgeist, 1907, S. 96 (Fastenbrief 1.2.1898)
[2]: A. Hoch, Papst Pius X., 1907, S. 91 (nach: An Klerus und Volk, 1.4.1899)
[3]: Ph. Löffler, Festpredigt 9.6.1872, 2. Auflage 1899, S. 30
[4]: Das Vaterland, 6.6.1899
[5]: Reichspost, 10.6.1899, S. 9
[6]: Annum sacrum vom 25. Mai 1899, Freude an der Wahrheit Nr. 96, S. 11
[7]: Pilgerführer des III. Ordens, 1900
[8]: Reichspost, 18.2.1900, S. 18
[9]: Reichspost, 6.3.1900, S. 11
[10]: Das Vaterland, 10.4.1901, Beiblatt S. I
[11]: Das Vaterland, 9.4.1901, S. 3
[12]: Das Vaterland, 19.3.1895, S. 13
[13]: Allgemeine Zeitung des Judenthums, 18.12.1890, S. 624
[14]: Der Erinnerung an P. Viktor Kolb, ca. 1929, S. 11
[15]: Hirtenschreiben der österreichischen Bischöfe vom 15. November 1901, S. 6
[16]: Mühlviertler Nachrichten, 22.2.1902, S. 1

Es ist der Tag des Loyola-Festes, an dem "den hohen Wählern .. die Idealgestalt eines Papstes .. gezeichnet"[1]-128 wird, worauf am nächsten das Konklave beginnt. Die Außenwelt vernimmt via Pasquino[2] 10 empfindsame Mottos, Sarto's lautet "tutis sartis ipse redimet Israel"[3]. Übersetzungen schwanken von "mit sicheren Schneiderkünsten wird er Israel flicken"[4] zu "mit sicherer Hand wird er das Schifflein Israels retten"[3] und "mit sicherem Tauwerk wird er Israel erlösen"[5], genauer sollte sein, "an sicheren Orten wird er (ggf. Meister) Israel protegieren". Nach einem Veto des Kaisers gegen den Favoriten in den Fokus zu rücken, bedrückt den Venezianer. Zur Entscheidung am Morgen des 4. Wahltages, ehemals Festtag des heiligen Dominikus, gibt er "ein wahres Bild des Jammers"[1]-132 ab, im Kleinmut ohne Einfluss auf sein Programm. ""Restaurare omnia in Christo"" sieht es vor, alles in Christus erneuern, und "stimmt .. mit dem Motto überein" - ein Beleg, dass "dem Verfasser .. besonders der apostolische Freimut des Kardinals .. wohl bekannt gewesen sein"[3] müsse. In seinen frühen Amtshandlungen verhilft Pius x. allen zu "vollkommenem Ablass in der Todesstunde", die verinnerlicht beten können, "schon jetzt nehme ich den Tod .. gleichmütig und willig entgegen"[6]. Am 1. Amtsjubiläum ist sein weiteres Vorgehen offenkundig. Eine italienische "Opera dei congressi" verschlankt er auf ihre 2. Gruppe, katholische Aktion, obsolete Archive wandern unter die "Aufsicht, Überwachung und Genehmigung der Bischöfe", zu Ungehorsam Fähigen wird eine Beteiligung an der "christlichen Volksaktion"[7] verwehrt. 1905 dekretiert er die öftere bis tägliche heilge Kommunion, 2 von 7 ihrer Vorteile werden in "Todesfreudigkeit"[8]-9 (3) und "Willenskraft"[8]-10 (4) gedeutet. Um "so rasch als möglich in den Kleinen das christliche Leben .. zu entwickeln" gegen die "Gefahr, sie ganz zu verlieren"[9]-25, wird 5 Jahre später und "jedes Jahr .. in der Landessprache vorgelesen"[9]-20 ein ergänzendes Dekret "über das zur Erstkommunion erforderliche Alter"[9]-1 erscheinen, das mit dem 1. an dessen 23. Jahrestag vermählt werden wird, indem ca. 100 Kinder im Alter von 5.5-8 Jahren die Kommunion vom nächsten Pius empfangen (vgl. [9]-59). Den gegenwärtigen, seinen Kritikern ein Intransigent, kennzeichne "ein fieberhafter Reform-Eifer", er strebe "die Verjüngung der Kirche im Zauberborn urchristlichen Geistes"[10] an. Den 1. Weltkrieg affirmiert er kurz vor seinem Ausbruch[11], sein naher Tod folgt dem Jesuitengeneral in selber Nacht. Die "Schildwache am Jura" erinnere ihn als "Kampfpapst, .. der die Katholiken .. als ein geistiges Weltvolk über die Völker stellte". Sein Programm habe "der modernen Kultur und Politik das Todesurteil gesprochen". "Nach dem Weltkrieg wird Pius X. verstanden werden"[12] - wie nach dem 2. in 3 Jahren selig- und heiliggesprochen, rund ein Vierteljahrtausend nach Pius v. als erster.
[1]: Sentzer, Pius X., 1908
[2]: Das Salzburger Volksblatt, 25.7.1903, S. 4f, bringt einen Artikel über Pasquinaden, er endet mit "1870 .. hörten die anonymen Satiren auf". Koinzidenz?
[3]: Pius X. Seine Handlungen u. seine Absichten, 1905, S. 6 (eig. 'instaurare')
[4]: Spectator alter, Die Krisis im Papsttum, 1904, S. 194
[5]: Neuigkeits-Welt-Blatt, 6.8.1903, S. 4
[6]: Päpstliches Dekret, 1938, S. 38f (9.3.1904)
[7]: Reichspost, 4.8.1904, S. 1 u. S. 9
[8]: Die öftere heilige Kommunion in ihren Wirkungen und Folgen, von einem Schuldner des Herzens Jesu, 1908
[9]: Dom. Jorio, Das Dekret "Quam singulari", 3. Auflage 1935 (1. Aufl. 1929)
[10]: Süddeutsche Monatshefte, Juni 1908, S. 725 (Die Anfänge Pius X. von Spectator Novus)
[11]: "Papst billigt scharfes Vorgehen Österreichs gegen Serbien", lt. Telegramm des bayerischen Geschäftsträgers am Heiligen Stuhl Otto v. Ritter
[12]: Prof. Josef Beck, Pius X., 1914, S. 22f (Beitrag von Alpe Kadhûs)


Paris, Weihnachten 1882: Der österreichische Botschafter erschießt sich in aller Öffentlichkeit und hinterlässt einen Abschiedsbrief. In ihm...
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Und sonst? 1914. Der Pius-Verein begegnet einem "Mysterium iniquitatis"[1]. 1912. Ein Diplomat verschwindet. 1909. Ein Zionist entfleucht. 1902. Der Prinz of Wales wird zu Edward vii.. 1901. Vor ungehaltenem Nachruf endet die Versicherungsgesellschaft Unio catholica. Zuletzt hätten für sie "fast ausschließlich jüdische Agenten .. galizischen orthodoxen Juden" gegen "spezielle Tarife" und versehen mit einem Papstwort Policen verkauft, die für sie in Schadensfällen wie Bränden unter Verweis "auf Punkt 1 der Statuten"[2] wertlos seien. 1899. Es geht "mit dem christlichen Aktionsprogramm .. bis zum Ende der Zeiten"[3]. 1892. "Wollend oder nicht .. wird der Antisemitismus nichts Geringeres sein .. als der Vorläufer einer neuen Religionsbildung", spekulierten "antisemitische Korrespondenzen"[4]. 1890. Der U.c.-Direktor auf "Lebenszeit"[5] und ihr mehrjähriger Vorbereiter Adolf Worell steigt nach einer Konfrontation aus. Schlichten misslingt, u.a. weil der Kläger "mit Juden verkehre"[6]. 1889. Die U.c. firmiert sich mit klerikalem Engagement, das "Ehrenpräsidium" ist dem jeweiligen Wiener Erzbischof vorbehalten. Kardinal Ganglbauer übernimmt es wegen der "humanen Zwecke .. gerne"[7], verliert aber das Unternehmen einige Tage nach dem Eklat aus den Augen. 1887. Worell möchte "unter der Firma "Hand in Hand" .. kirchliche und christliche Werte"[8] versichern. 1885. Schon in Argentinien "hat sich .. eine Unio catholica .. gebildet"[9]. 1882. Mit der Aufschrift "Kauft nicht bei Juden" wurden "mehrere Tausend .. Vignetten allerorts" angebracht. Eine "Aufreizung zu Feindseligkeiten gegen eine Religionsgenossenschaft" erkennt das Schwurgericht hierin nicht, die 3 Angeklagten überzeugen, aus "Spaß"[10] gehandelt zu haben. "Nicht straffällig"[11] bleibt. Die Frequenz dieser Phrase las sich 2019 etwa so: 1893 erhöht, 1901 Abnahme, flacher Verlauf, keine Meldungen 1920, 24, 35, Anstieg für ein Jahr ab August 1932. 1879. Eine "antisemitische Bewegung" setzt an. Früher Führer ist Wilhelm Marr, wenn er im September mit der Vorbereitung einer "Antisemiten-Liga" einen Wortstamm agitatorisch prägt. "Möge .. Gott und das Christentum dann helfen, die Verjudung der Gesellschaft weiter zu bekämpfen"[12], fleht der atheistisch Gehandelte. "Die .. orientalische Frage", "der Angelpunkt, um den die Weltpolitik .. sich dreht", wird "vorzüglich .. der Maßstab sein, an welchem ein späteres Geschlecht die .. Begabung Derjenigen messen wird, in deren Hände gegenwärtig die Lenkung der Weltgeschicke gelegt ist. Sie beunruhigt und verwirrt Europa .. seit mehr als einem halben Jahrtausend"[13]. Carl Scholl sieht "von gewisser Seite .. Judenhass wiedererweckt" und erinnert an "die haarsträubenden Verfolgungen, denen die Juden im Osten Europas, namentlich in Rumänien ausgesetzt waren, die Verschleppungen"[14]. 1878. Auf den 9. Pius folgt der 13. Leo. 1877. "Steh' uns bei im letzten Streit"[15]. 1876. "Hör' in Chören laut uns schwören: Treue Dir in jeder Noth! .. Zur Gewährung der Verklärung Leuchte uns durch Kampf und Tod!"[16] "Dieses Herz wird von nun an ganz dir gehören, und die Geschöpfe sollen fürder keinen Anteil daran haben; sie sind es nicht wert"[17]. 1872. "Wer in die Kirche hineinregiert, .. hat es mit Christus selbst zu tun"[18]-5. "Heimatlos und geächtet tragen die Kinder Israels ungesühnt ihre Blutschuld durch die Jahrhunderte"[18]-3. Gottesmord wird Drumont ein Leitmotiv in seinen dreistellig verbuchten Auflagen liefern, unklar der ersten. 1871. Abraham Geiger hofft auf die "Verbrüderung der gesammten Menschheit" und meint von Anfachern "alten Glaubensfeuers", "ihre Zeit ist um"[19]. Ein Ghetto ist "ein überaus schmutziges und ungesundes" Areal, nebenan steht geschrieben "fast leblos auf dem Pflaster .. ausgestreckt", "ein Jude"[20]. 1870. Der Papstkönig wird Papst. Er, der "inzwischen .. von Gott der Regierung und Leitung des ganzen Hauses Israel vorgesetzt" ist, bekundet "offen und vor Allen, daß Wir .. nie in irgend eine Versöhnung willigen .. werden, welche .. Unsere Rechte .. schmählern würde". Der italienische Kommandeur "hege kindliche Liebe" gegen ihn, im Vertrauen "in .. auffallender Weise erklärt"[21]. 1867. Hieße es "die Ordnung umkehren .., wenn Jener, dem die .. Fürsorge für den höchsten .. Zweck obliegt, Denjenigen, die für die niedern Zwecke Sorge zu tragen haben, untergeordnet"[22] wäre? Der vorgesehene Leo sagt zweifellos Ja. 1864. Die kommenden Leitlinien sind ausgeschliffen, Kirche-Staat-Trennung, Religionsfreiheit und Demokratie gehen nicht klar. 1862. ..[23] "Aus dem letzten Völkerkampf .. kann keine neue Racenherrschaft, muß die Gleichberechtigung aller welthistorischen Völker hervorgehen."[24] 1861. "Wir Israeliten müssen dem Willen Gottes .. entgegenkommen"[25]. 1860. "Söhne Israels"[26]-292, "Ihr werdet .. auf dem Boden Eurer Väter ankommen. Dort erst werdet Ihr vollends geheilt werden"[26]-291, wird "von einem Christen"[26]-292 versichert, und er gewährt den Revolutionsbewährten, "Ihr dürft fortan an Euch selbst denken"[26]-291. 1848, 42, 40 sind alternative Herkunftseinordnungen. 1859. Der Bischof von St. Pölten ist der Auffassung, dass das, "was Pius VI. und Pius VII. getan, .. auch Pius IX. tun" wird, und meint damit die Fortsetzung einer Politik, die "wie eine Mauer für das Haus Israel" steht. [27] 1854. Den Auftakt einer Serie von Bischofsversammlungen in Rom beehren an die 200 Teilnehmer, 1862, wenn "Pius .. den h. Kriegsrath versammelt"[28], werden es gut 300 sein, 1867 um 500 und 1869, zum 1. Vatikanischen Konzil, über 700. (vgl. [20], S. 32) 1850. Es hätte ein Jubeljahr sein sollen, es startet mit einer Meldung über Piusvereine. In ihnen "ertönen die schimpflichsten Androhungen von Judenverfolgungen"[29]. Im Herbst des Folgejahres wird einer von ihnen mit einer Schrift in Verbindung gebracht, die damit "beginnt .., dass geradezu zu dem Morde der Juden aufgefordert wird"[30]. 1849. Zu Hitlers 40. Pränataltag ermutigt der flüchtige Papst seine Bischöfe, "die Wunden Israels zu heilen"[31]. 1848. Am 15. November geht Minister Rossi ungesühnt in den Fluten der Revolution unter. Tags drauf, 29 Monate nach seiner Erhebung, ist der Statthalter in Bedrängnis, ein Prälat sinkt dahin. Der 9. Pius stehe vor der Wahl, ob mit seiner "Ausnahme .. alle Anwesenden über die Klinge springen"[32] sollen oder nicht. In revolutionärem Treiben führt es an 1840 vorbei, wo "nach einer alten jüdischen Prophezeiung .. der Messias"[33] erscheine, zu einer Epoche, die dem "Ende der Geschichte, der Entwickelung, des Fortschritts auf der Grundlage des Gegensatzes"[34] läute - 1933 in dem Vers "Begnügt euch mit den Gipfeln - doch seis euch anvertraut: Es ward noch jede Höhe aus Tiefen aufgebaut!"[35] wohl noch oder wieder vorrangig -, bevor "ein neues, .. das harmonische, das brüderliche Leben"[34] beginnt, auf die Quelle von 1789 zu. Aber um in der Einstiegsregion des Weisungsgebers für Information zu landen, empfiehlt es sich, mit dem Verständnis gerüstet zu sein, "dass .. gänzlich in Gott versunken .. die äußeren Handlungen gleichgültig werden"[36].
[1]: Kolb 22.3.1914, Gesammelte Pressereden, S. 200
[2]: Dr. Bloch's österr. Wochenschrift, 14.11.1901, S. 2
[3]: Das Vaterland, 6.6.1899, S. 1
[4]: Das Vaterland, 26.11.1892, S. 3
[5]: Neues Wiener Tagblatt, 7.12.1889, S. 5
[6]: Zeitung für Landwirtschaft, 1.2.1890, S. 323
[7]: Zeitung für Landwirtschaft, 1.9.1890, S. 561
[8]: Zeitung für Landwirtschaft, 1.2.1887, S. 14
[9]: Vorarlberger Volksblatt, 27.3.1885, S. 196
[10]: Grazer Volksblatt, 29.9.1882, S. 1
[11]: Neuigkeits-Welt-Blatt, 12.6.1891, S. 11
[12]: Marr, Wählet keinen Juden!, S. 48
[13]: Döllinger, Die orientalische Frage in ihren Anfängen, S. 3
[14]: Carl Scholl, Das Judenthum und die Religion der Humanität, S. 6
[15]: Willim, Es lebe Jesus!, S. 200
[16]: Heinrich Schulte, Papst Pius IX., S. 59 (Festlied zur Piusfeier v. H. Herpers)
[17]: Gautrelet, Herz-Jesu-Büchlein, S. 349 (Weihe nach Alacoque)
[18]: Holzwarth, Verschwörung der katholischen Höfe
[19]: Abraham Geiger, Die Stellung des Judenthums, S. 24
[20]: Johann Wöhr, Der Jubelgreis Papst Pius IX., S. 20f (übernommen aus: Dumax, Charakteristische Züge aus dem Leben Pius IX., 1861, S. 73f)
[21]: Neue Tiroler Stimmen, 23.11.1870, S. 1 u. 24.11.1870, S. 2
[22]: Schrödl, Votum des Katholicismus, S. 50
[23]:
[24]: Moses Hess, Rom und Jerusalem, S. 185
[25]: Kalischer, Zions Herstellung, 1905, S. 48
[26]: Laharanne, Die neue orientalische Frage, in: Der Israelit - 1. Druck 1860
[27]: Salzburger Kirchenblatt, 1.12.1859, S. 383
[28]: Linzer Diözesanblatt, 1862, S. 293
[29]: Allgemeine Zeitung des Judenthums, 1.1.1850, S. 5
[30]: Allgemeine Zeitung des Judenthums, 10.11.1851, S. 543
[31]: Allokution 20.4.1849, in: Dupanloup, Weltliche Souveränetät des Papstes, S. 83
[32]: Quardt, Der letzte Papstkönig, 1962, S. 51
[33]: Moses Hess in: Bulletin des Leo Baeck Instituts 28, 7. Jhrg. 1964, S. 332
[34]: Moses Hess in: Bernstein, Documente des Socialismus, 1. Bd. 1902, S. 546 - Übersetzung der Schrift 'Jugement dernier du vieux monde social', 1851
[35]: Hans Baumann, Macht keinen Lärm, S. 23 (Der Titan)
[36]: Geheime Verhaltungsbefehle, 1825, S. 141


Eingehender betrachtet ist das Verhältnis von klerikaler Intelligenz zum Nazi-Staat durchaus ein inniges, intensives, internationales, "die Pforten Jerusalems wieder aufzurichten", diese "heiligste aller Missionen"[26]-291 zu forcieren und zu vollführen, teleologisch totalitär, hat sich aus der Intimität heraus mit allen mysteriösen Nöten als unaufhaltsam erwiesen. Was sollte darauf die Antwort sein - die Anerkennung des Vitalitätsvermögens unter Israel? - wenn "eine geheimnisvolle Macht", die "unbeweglich" "über die veränderlichen Geschicke der Menschheit waltet"[26]-290, ihren Frieden mit und in der Welt zu finden böte, und vor Menschen und Spezies die jen- und diesseitigen Ketten erschlafften und zerstaubten, die ewig nährende Kraft zu kultivieren hindern, wo man sich klein findet vor der Dinge Größe, klug von des Hungers Natur, klar für der Weisheit Sache, gleich in der Sonne Genuss? Unabhängig dessen...

(2018)

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