Irgendwie, im Vergleich der Kulturen, benimmt sich China über die Zeit nicht messianischer? Tiefe Kunst in hohem Qualm. Was wäre, hätte Christusgeist, der bekömmliche, umgängliche, glückslastenlösende, schon vorchristlich geweht?

 
Der Anspruch der Heilsgeschichte ist ihre Erfüllung. Was sich auf ihrem Weg an Einsichten auftut, ist offen nicht greifbar. Geheimhaltung und Irritation sind ihr trotz allem wesentlich. Neben fundamental Verborgenem wie Piusvereinen und mehr, wer weiss es sicher, dass Kulturblütenkarl und Barbarei übereingehen? Dass Kreuzzüge kein Überfall auf die Heilsgeschichte waren? Dass Schattenschattenwüchse statistische Lebenserwartung unergründlich gründlich bedrängten?

 
“In den Orden bricht die Heilsgeschichte .. in die .. Profangeschichte ein”, das zeigte sich “ganz besonders scharf beim hl. Franziskus”[1]-14, dem “Gipfel des Mittelalters” (“vielleicht”[2]). Seiner Zeit ist der alchymische Sinn geweckt. Dass dieser satte Zugewinn Streit hervorruft, befremdet Christi Herold. Er sieht sich Übervorteilung aus Stolz winden, den es nicht gäbe, gälte er nicht exklusiv sondern dem Menschen, dem Leben. Aber auch Franziskus sollte sich nicht seit jeher erwehrt finden, Ansprüchen nicht überlegen zu sein...

 
“Wenn’s Glück ist, was ich will, warum nicht das meiste? Symphonie aller Glücksmelodeien soll mein Leben sein. “Und dann?”, wirft der gewiefte Walter ein? Aufgeben? Gibt es denn kein Glück, das an der Schwelle keinen Unterschied macht?”

 
“Monde bannte die Suche, und Länger versicherte, wäre nicht jenes wechselfrohen Frühlingstags ein Fuchs mir begegnet. Da sah er mich, auf einige Meter, von unten her, unerwartet einer Geste, und mir wurde angesichtig dies Wesen. Eine Erkenntnislust gewahr ich, die von dieser Welt, diesseits der Menschen, nicht war, so lieb und froh und munter, so frisch und fein und stark, dass es mir von der Schwelle her klärte: Glück bleibt, das dient. Kehre ein zum Geist und erkenne seine Geste, solange Menschen praktizieren, in zeitlosem nach ewigem Leben. Produktiver Erfahrungsaustausch, erforsche und erfinde das Land, pflege Pfade und Oasen der Verzückung und Verschonung, bespiele die Wesenlust im Nutzen von andern, wie sie das günstige Leben erfährt, ungebunden in erster Eindrucksfülle.”

 
Franziskus pflanzt Beispiele für Freunde und Verwerter. Das Irdische vom Leichtesten her zu begreifen, fügt sich nicht nur in edelmütigere Partnerschaften und Liebesweisen, seine Spiritualität zur Prämisse eignet sich auch, Mühen im Orient Frieden zu bahnen. 1219 weilt der Minderfuchsbraune beim Sultan, 1221 stiftet er “Krönung und Höhepunkt”[3] seines Schaffens, den Dritten Orden. Vom Ersten erzogen und umsorgt, verhält er sich ganz nach dem Geschmack der Heilsgeschichte wie eine Linse über dem Radar des öffentlichen Wissens, weitestgehend unbekannt und einflussreich. Nachdem Franziskus 1226 die Schwelle erlangt, bleibt von seinem Angebot offiziell nicht viel übrig. 1266 wird der einzig legitime Biograph bestimmt, Bonaventura, ein ansonsten tiefsinniger Nachgeborener mit wunderprächtigen Ansichten. Erst im 19. Jahrhundert tauchen Drucke frühster Lebensbeschreibung auf. Ihr um 1260 verstorbener Autor ist auch für ein anderes Werk in der franziskanischen Bewegung bekannt geworden, Dies irae, Tage des Zorns. Es heisst darin, es komme eine Zeit, da “wird man ein Buch aufschlagen, Wo, was wir in unsern Tagen Uebten, .. treu ist eingetragen. Was geheim ist und verstecket, Wird vom Richter aufgedecket, Jeder Sünder wird erschrecket.”[4] Positiver klingt es vom angemahnten “Elitenchor”[5]-53 ("Elitegruppen"[6], “Elitetruppe”[7]), "von dem die Welt so wenig weiß und dem sie doch so viel verdankt"[8]: “Der Jüngste Tag wird einst all das stille Heldentum, das im Dritten Orden verborgen liegt, ans Licht bringen.”[9]-26

 
Der 3. Orden, Orden von der Buße, richtet sich an bewusste Katholiken ab 14 Jahren, die mit klösterlichem Geist weltliche Bahnen ziehen mögen. Sorgsam herangeführte Novizen treten per Weihe auf Lebenszeit über, ein Rückschritt wäre nur auf Order der Leitung möglich. Welche Folgen unverträgliches Fehlverhalten tatsächlich bedeuteten, müsste vage bleiben. (Kein) Kennzeichen jedes Mitglieds, jedes Terziaren, sind verdeckt zu tragende Kleidungsstücke, Skapulier und Strickgürtel, aber wie andere Selbstverpflichtungen sind sie umständehalber wandelbar, dispensierbar. Ordnung führen Visitatoren, bisweilen gefürchtet, stets geehrt, die alle Gemeinden regelmäßig aufsuchen und in vertraulicher Kommunikation zu seelischer Vollkommenheit "nach Gutdünken"[5]-124 Bußen auferlegen, denen gemäß Profess-Versprechen Folge zu leisten ist.

 
Zentrales Ordensdokument ist seine Regel, sie verfestigt sich 1289 für annähernd 600 Jahre mit ihrer Approbation durch Nikolaus 4.. Sein Pontifikat reicht bis 1292, worauf sich lange Sedisvakanz anschließt. In dieser Zeit fertigt Tertiar Dante seinen ersten großen Ideen-Reichtum, der ab 1294 rezipiert werden kann. 1294 wird Colestin 5. Papst, ein auswärtiger Mönch, der Rom nie erreicht. Sein Rücktritt ist einzigartig für über 2000 Jahre christlicher Zeitrechnung. Der Tod ereilt ihn 1296 in Festungshaft, die ihm sein ehemaliger Vertrauter gewährt, der als Bonifatius 8. ein ungewöhnliches Amt ausübt. Posthumen Ärger schüren Klagen, etwa darüber, seine Religion als lukratives Märchen bezeichnet zu haben. Rom bekommt Zeit zur Besinnung, 1309 übernimmt Avignon für 2-3 Generationen das Petrusamt.

 
Nicht nur gerühmte Künstler wie Giotto, Raffael und Michelangelo[5]-69 - und Leonardo da Vinci[8] - sind dem Orden einverleibt, auch Päpste begeben sich in Gehorsam zu Franziskanern. Neben Martin 5., Clemens 7. und Innozenz 13.[10] sind es alle mit Zwischenkonzilsberührung, in Summe mit Leitungsfunktion. Wie der Erste Franziskanische Orden "seit .. Jahrhunderten eine der hauptsächlichsten Stützen für die römischen Päpste"[5]-25 war, sei sein Zögling gegen Ende des 18. Jahrhunderts, etwa zum Auftakt erfolgter Großvertuschungen mit anschließendem Te Deum, die Rom letzten Endes die unabhängige Einsetzung der Bischöfe in Frankreich beschert, "in Vergessenheit begraben worden"[11]. Unter ihrer Präsenz zirkuliert das Thema "schweigen und leiden" auf 7 Din-A6 Seiten in 12 sperrschriftigen Variationen[12]. Ein neuer Schwung erfasst den Orden im 19. Jahrhundert, dem Leo 13. die stärksten Impulse zuwendet. Für ihn ist es simpel: "Wenn ich von der socialen Reform spreche, so denke ich vorzüglich an den dritten Orden des hg. Franziskus"[5]-25, "welcher .. der Welt .. die ausgezeichnetsten Güter verspricht"[5]-28. 1883 sorgt er für bestimmte Verhältnisse und platziert ein bedrohliches Siegel auf seine gemilderte neue Drittordensregel, das besagt, wer immer Änderung an ihr "wagen würde, wisse, daß er den Unwillen des allmächtigen Gottes und der heiligen Apostel Petrus und Paulus auf sich herabziehe"[13].


Schon zu Leos Zeiten betrage die weltweite Mitgliederzahl "über eine Million"[14]. 1917 seien es "annähernd drei Millionen"[15], 1933 "eineinhalb Millionen", "in Deutschland .. mehrere Hunderttausend"[16], "in mehr als 21700 Drittordensgemeinden 3 1/2 Millionen"[17] ein Jahr später. Zur größten Einzelauflage von Jeilers Normalbuch, einem der gebräuchlichen Titel für Terziarier, kommt es 1936, die 42. vermerkt das 174. Tausend. Ohne Jahr, ohne Hinweis auf Pius 12., ist mit "vier Millionen"[9]-15 der angetroffene Höchststand erreicht. Dass bis "Jahresende 1943" nur "über 5000 Laienbrüder und Novizen" der Front eingereiht sind, hat Raum für Spekulationen: dass es sich bei dem Orden, wie sporadisch geäußert, ziemlich um eine Frauenschaft handelt; wie der "in den Tagen des Dritten Reiches" verbannte Bischof Sproll betont - "Das weiß ich: Wenn alle mir untreu würden, die Terziaren des heiligen Franziskus werden mich nie verlassen."[18] - als Art Klerus-SS; dass sie zu tragender Funktion zurückgehalten sind "für eine bessere Welt" nach dem Krieg, um "ein mächtiges Wiedererwachen des Denkens und Handelns zu beginnen", wenn sich kundtut, "eine ganze Welt .. muß .. umgewandelt werden .. nach dem Herzen Gottes", und erwünscht wird, "daß das mächtige Erwachen .. ohne Verzögerung begonnen und nach dem aufgezeichneten Plan, den andere noch ausführlicher festlegen können, zäh weitergeführt wird. .. Möge euch die Größe des Unternehmens mitreißen, möge euch seine Dringlichkeit anspornen! .. Die erduldeten und künftigen Schmerzen der Leidenden .. werden die Bemühungen befruchten"[19]. In den 50ern folgen exakte Zahlen: 1952 stünden "unter der Obedienz des Franziskanerordens .. 12.575 Drittordensgemeinden mit 1,328.856", "unter der .. des Kapuzinerordens .. 11.524 .. mit 815.167 Terziaren"[20], 1959 seien es "1,173.175" und "668.579" sowie "im Obedienzbereich der Minoriten etwa 160.000"[21]. 1963 und 1967 gäbe es "über"[22] zwei, 1970 "mehr als anderthalb Millionen"[23], gegenwärtig "about 350,000".
 
 
Was nun Terti-Arier-Orden und 3. Reich verbündet, sollte wundern dürfen, wenn dessen Erscheinen als begnadende Hypothek unter aufgeklärte Substanzpolitik fällt. Es würde zu fragen sein, was verwerflicher ist als pauschal geführte Kriege, ob hingerichtete Verweigerer, widerwillig eingezogene Verelendete oder zu Tode gebrachte Zivilisten weniger tragisch endeten als Opfer vertikal-rassistischen Vorwands, der eruierbaren Absichten folgt. Weiter könnte kondensieren, dass aufreizende päpstliche Unfehlbarkeit in Fragen des Glaubens und der Sitte von vornherein angelegt war, nur eine Botschaft vor dem Jahrtausendwechsel abzusetzen, sei es, wie 1950 geschehen, in Verkündigung eines Dogmas, oder sei es in einer sittlichen Weise, die quer zum Heilserlös steht. "Es wird kein Licht errungen, als durch die Finsterniß hindurch."[24]
 
 
Mit neuem staatlichen Gewand über deutschen Zungen äußern sich Zweifel bis “autoritär und klerikalistisch”[25] an der Zeitgemäßheit der leonitischen Regel. Zur Lösung des Siegels fabriziert Johannes 23. ein erstes Signal in seiner letzten Enzyklika. Laut Pacem in terris hätten "auch .. die Brüder und Schwestern im Dritten Orden .. das Recht, der Gemeinschaft, der sie angehören, "die Form zu geben, die sie für die geeignetere halten, um das Ziel zu erreichen, das sie sich gesteckt haben""[26]. Am 9.3.1966 lassen "die Generalminister der vier Franziskanischen Familien" (OFM, OFMConv, OFMCap, TOR) "allen .. Terziaren" feinspürig ausrichten, dass sie das Vorhaben der "Überprüfung oder Anpassung .. der Drittordensregel .. gern approbiert" haben. Einen "Weg .. lang genug und schwierig"[27] vor Augen überwindet sie schließlich ein betagter Paul 6. am Johannistag des Jahres 1978[28], fortan hat der konzilsgeistgetränkte Orden das Kürzel OFS, Ordo Franciscanus Saecularis. Ob noch offener Unwillen seinen Nachfolger empfing?
 

Ist der 3. Orden für Christus würdig bedacht, zeigt er sich von seiner besten Seite. "Der dritte Orden bringt Frieden, Ruhe und alle Tugenden in die häusliche und bürgerliche Gesellschaft"[5]-40, gar nicht "gedankenlos, im Rausche des Vergnügens, im Fieber der Sinnlichkeit und des Stolzes"[29]. "Von ihm ist .. zu erwarten .. Freiheit .. ; .. Brüderlichkeit ..;" und eine "Gleichheit, welche .. nicht alle Unterschiede unter den Menschen aufhebt, sondern die Mannigfaltigkeit der Lebensweise, der Ämter, der Beschäftigungen zu jener wunderbaren Übereinstimmung und Harmonie vereinigt, die naturgemäß zum Nutzen und zum Ansehen der bürgerlichen Gesellschaft beiträgt"[5]-28f. Vom 1. Orden zur Entfaltung der Herzen geführt, damit "in Gott glücklich und zufrieden"[30] wie "universale Liebe, die alle Menschen und .. Dinge in Gott sieht und .. sich in allen und allem freut, weil sie sich in Gott freut"[7], inspirieren Terziare jenseits der "Vernachlässigung des ewigen Heils" und übertriebener "Begierde nach .. flüchtigen Gütern"[5]-38. "Dem Leibe nach sind sie auf Erden, aber dem Geiste nach leben sie im Himmel"[31], füreinander stärken sie die Freude an der Freude im andern. Was früher noch, um keinen "öden Heilsmechanismus .., der wohl .. reibungsloses Funktionieren garantieren .. aber weder dem lebendigen Menschen noch dem lebendigen Gottesgeist gerecht werden kann"[1]-1, anheimzufallen, für Deckung auf "den Satan"[5]-29 setzen musste, hebe mit sinkender andere "Richtlinien" hervor, und für sie zu neuartiger - "gewiß, es war nicht leicht allen Anschauungen und Vorschlägen" zugleich zu begegnen - "wählte man den gesunden, von Liebe und Verständnis getragenen Weg der Mitte"[32]. Und gerade auf diesem manifestiere sich die Auferstehung Christi, das Kommen des Messias, der friedensbeherrschende Geist allenthalben unbestrittener Pharma Performance Politik.



Fußnoten
[1]: 1953, Heinrichs, Heilsgeschichtliche und zeitgeschichtliche Sendung der Minderbrüder
[2]: wie [1], S. 33, Auszug von Urs von Balthasar
[3]: 1952, Der Ordensdirektor, S. 44 (aus: Benedikt 15., Rundschreiben Sacra propediem, 6.1.1921)
[4]: 1868, ?, Das Klösterlich-geistliche Leben in der Welt, S. 588
[5]: 1888, Hinterlechner, Seraphische Weckstimmen
[6]: Bischof Meile in: 1951, Der Ordensdirektor 4. Heft, S. 24
[7]: "Pius XII. .. in der großen Terziarenaudienz .. 1. Juli 1956" in: 1956, Der Ordensdirektor, S. 100
[8]: 1956, Der Ordensdirektor, S. 127
[9]: o. J., Bessmer, Das Kloster ohne Mauern
[10]:1848, ?, Seraphisches Andachts-Buch, S. XXVII (eine unberücksichtigte 1. Auflage erschien 1839; wg. Angabe, Innozenz 13. sei 1700 gestorben, wohl Innozenz 12. gemeint)
[11]: 1845, Born, Seraphischer Sternenhimmel, S. IV.
[12]: 1816, ?, Kurze Anleitung für die Brüder und Schwestern des dritten Ordens, S. 197 - 203
[13]: 1883, Riedle, Der dritte Orden des heil. Franziskus von Assisi für Weltleute, S. 37
[14]: 1902, Völling, Predigten für die Tertiaren des heiligen Franziskus, Bd. 2, S. 8
[15]: 1917, Rohr, Was soll der Dritte Orden sein?, S. 9
[16]: 1.10.1933, Grazer Volksblatt, S. 9
[17]: 1934, Heimbucher, Die Orden und Kongregationen der katholischen Kirche, 3. A, Bd. 2, S. 12
[18]: 1964/1, Portiunkula - Mitteilungs-Organ des Landesverbandes Koblenz, S. 4
[19]: "Proklamation .. Pius XII .. 10. Februar 1952" in: 1956, Der Ordensdirektor, S. 1f, S. 65f
[20]: 1952, Der Ordensdirektor, S. 96
[21]: 1960, Der Ordensdirektor, S. 29
[22]: Nachrichten und Anregungen für die Terziaren, 1963, Nr. 10, S. 37 & 1967, Nr. 4-5, S. 5
[23]: 1970, Rhenania Franciscana, Familienblatt der Kölnischen Franziskanerprovinz, Heft 3, S. 88
[24]: o. J., Genelli, Pius Der Unfehlbare und seine schwarzen Streiter, Bd. 3, S. 316
[25]: 1967, Der Ordensdirektor, S. 41 (ungeprüft, Schrift liegt nicht mehr vor)
[26]: 1969, Brüderlicher Dienst, S. 57
[27]: 1966, Der Ordensdirektor, S. 73-75 (im Fall einzureichender Anregungen wird 'oder' 'und')
[28]: vgl. ofs.de: "REGEL-des-OFS-von-1978.pdf"
[29]: "Ansprache .. Pius XII. .. 20. September 1945" in: 1953, Der Ordensdirektor, S. 33
[30]: 1887, Weinand/O'Reilly, Leo XIII., S. 176
[31]: 1895, Clausen, Papst Honorius III, S. 332f
[32]: Referat Kottsieper OFM in: 1971, Franziskanische Gemeinschaft heute, S. 56


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